Les Landes
Les Landes bedeutet auf deutsch sumpfiges, ödes
Gebiet mit magerem Pflanzenwuchs und
etwas anderes war dieses Departement bis ins 19. Jahrhundert nicht. Eine
sumpfige Heidelandschaft.
In
einer Zeit, als in Paris der Eiffelturm errichtet wurde und der Fortschritt
Einzug hielt, waren Les Landes nichts weiter als ein, in den Augen Napoleon I.,
Schandfleck der Grande Nation. Anstelle von Steuereinnahmen bekam man in Paris
nur Probleme. Es gab keine Wege und an den wenigen Straßen lauerten Banditen,
so dass die Postkutschen das Gebiet weiträumig umfuhren. Die Schäfer, die hier
lebten, stolzierten auf hohen Stelzen (tchanques) durch die morastige Heide, um
ihre Herde besser zu überblicken und konnten sich mehr schlecht als recht ernähren.
Ein weiteres Problem war der Westwind, der stetig riesige Sandmengen ins
Landesinnere pustete. Man befürchtete, dass ganze Dörfer, ja sogar das ganze
gasconische Becken im Sand erstickte. Obwohl bereits im Jahr 1786 ein Programm
zur Urbarmachung erarbeitet wurde, so konnte es doch erst nach Ende der französischen
Revolution realisiert werden. Der Ingenieur Nikolas Brémontier errichtete 70
Meter hinter dem höchsten Punkt der Flut eine starke Bohlenpalisade. Hier
verfing sich der Sand und es staute sich eine 12 Meter hohe Küstendüne auf..
Diese wurde mit schnell wucherndem Sandgras (gourbet) besät, dessen Wurzeln die
Düne zusammenhielten. Dahinter wurden Pinien gesät, die dem Boden das überflüssige
Wasser entzogen.
Napoleon
III.
konnte nun die Nutzbarmachung der Heidelandschaft in Angriff nehmen. Er schickte
den Ingenieur Jules Chambrelent nach Les Landes. Dieser durchstach die
tonhaltige Erde um das Heideland zu drainieren und danach zu roden.
Bepflanzungen mit Pinien und Korkeichen brachten überraschend gute Ergebnisse.
Nun ging es ans Aufforsten. Alle drei Meter wurde eine sog. Maritime Pinie
gepflanzt. (Ob diese Geschichte allerdings stimmt, steht in den Sternen, denn
man kann auch lesen, dass bereits vor Napoleons Einsatz ca.
300.000 Pinien standen) Bereits nach 15 Jahren war eine Pinie so weit
ausgewachsen, dass sie angezapft werden konnte. Professionelle Zapfer (Gemmeurs)
schnitten den Stamm schräg an, krallten eine Tonschale (ähnlich wie ein
Blumentopf) in die Rinde und sammelten so das Harz (Résine). Aus dem Harz
wurden ganze Reihen von Gummierzeugnissen hergestellt. Es fehlte lediglich an
Transportmitteln. Noch im Jahr 1832 waren weite Teile des Départements so
schlecht erschlossen, dass man ernsthaft in Erwägung zog, mit Kamelen zu
arbeiten. Aus Algerien wurden einige Exemplare herangeholt, aber sie vertrugen
das Klima nicht und krepierten jämmerlich. Die Lösung brachte dann in den
Jahren 1853-56 die Eisenbahn. In den folgenden Jahrzehnten boomte die Résine-Produktion
und die Landes wurden zum reichsten Département Frankreichs. Selbst Napoleon
III. kauft sich hier 7000 Ha Land. Aufgrund der Fortschritte in der
synthetischen Plastikherstellung folgte nach dem Aufstieg der schnelle Fall und
es wollte bald niemand mehr etwas von der gasconischen Résine wissen. Der größte
Wald Europas brachte bald keinen Sou mehr ein und durch Waldbrände wurde
obendrein ein großer Teil vernichtet. Bald waren die Landes wieder zu einem der
ärmsten Départements Frankreichs geworden.
Heute
steht ein großer Teil des Waldes (ca. 210.000 ha) unter Naturschutz, der „Parc
naturel régionale des Landes“, im Süden wurden einige Teile zugunsten von
Maisfeldern gefällt.
Im
Wald gelten strenge Regeln: Auf gar keinen Fall darf man Feuer anzünden und natürlich
weder Zigarettenkippen noch Flaschen wegwerfen. Sie könnten wie Brenngläser
wirken. Nur Holzfäller oder Gemmeurs dürfen mit motorisierten Fahrzeugen durch
den Wald fahren. Mit dem Fahrrad darf man von den ausgewiesenen Wegen nicht
abweichen. Schilder weisen die Touristen darauf hin, die Arbeit der Gemmeurs zu
respektieren, da jedes verlorene Gramm eine direkte Schädigung der Arbeiter
darstellt, da sie nach abgelieferter Menge bezahlt werden. Wer sich nicht an
diese Regeln hält, muss empfindlichen Bußgeldern rechnen.
Als
wir das erste Mal in den Landes waren, wussten wir aber noch nichts von der
Harzgewinnung, waren über den mächtigen Wald erstaunt und über die „Blumentöpfe“
an den Bäumen verwundert, wobei uns eigentlich keine bessere Erklärung als
Harzgewinnung einfiel. Eines Tages trafen wir an einer einsamen Straße einen
alten Mann, der an den Bäumen herumfuhrwerkte. Da wir ja neugierig waren,
fragten wir nach seinem Tun und es stellte sich heraus, dass der Mann früher in
deutscher Gefangenschaft war und sich wirklich freute die gelernten Brocken noch
einmal hervorzukramen. Teils auf Deutsch und teils auf Französisch erfuhren wir
von seiner Arbeit. Er war kein bisschen fremdenfeindlich und das ist mir in all
den Jahren in Frankreich auch nie passiert (Anmerkung am Rande).
Wir suchten uns einen Campingplatz in der Nähe von Mimizan, direkt an einem wunderschönen kleinen See gelegen. Hier verbrachten wir einige schöne Urlaube. Die Pinien spendeten Schatten, die Luft war erfüllt vom Klang der Zikaden, dem Duft der Pinien und dem Knacken der trocknenden Zapfen. Der Etang d’Aureilhan ist trotz seiner geringen Größe sehr vielseitig nutzbar. Man kann z.B. Segeln, Surfen, Schwimmen natürlich und daran entlang spazieren. Das tat ich ausgiebig, da ich mich immer gerne ein wenig von Menschenaufläufen, die sich auf einen kleinen Strand konzentrieren, entferne. Auf einem dieser Spaziergänge entdeckte ich „mein Schloss“. Es war eigentlich mehr ein Haus aber alleine die Treppe, schon als Kind habe ich Treppen geliebt; machte es zu einem Schloss.
Stundenlang konnte ich mir das alte Gemäuer und den verwilderten Garten anschauen und mich hineinträumen. Mittlerweile ist das Haus renoviert und der Garten gestaltet worden, aber dadurch hat es nichts von seinem Liebreiz verloren.
Wie ich heraus gefunden habe, handelt es sich tatsächlich um ein Schloss, nämlich um das Jagdschloss "Le Château de Woolsack", erbaut im Jahre 1911 von Hugh Richard Arthur Grosvenor, 2. Herzog von Westminster. Es ist ein Nachbau des Wohnsitzes von Rudyard Kipling, dem Autor von "Das Dschungelbuch".
Mimizan an sich
ein kleines Städtchen, mit einer niedlichen Benediktinerabtei, einem kleinen
Heimatmuseum gegenüber und einem wunderschönen Friedhof. Hab ich schon mal erwähnt
wie wunderschön französische Friedhöfe sind?
Dann
gibt es natürlich Mimizan-Plage. Hier war es immer wieder aufregend, denn da
gab es einen Markt, diverse Touristenveranstaltungen wie Umzüge, Musikfestivals
und eine Stierkampfarena. Ähnlich wie im Süden, wird hier nur mit den Kühen
und Stieren gespielt, der „Stierkampf“ heißt hier Course Landaise. Es gibt
die Courses formelles und die Courses mixtes. Beim Course formelle sind neben
dem Stier die Ecarteurs und Sauteurs die Hauptakteure.
Ecart:
Das Tier rennt auf den Ecarteur zu. Der weicht allerdings nicht von der Stelle.
Er beschränkt sich auf eine schnelle Körperdrehung und drückt nur seine Hüften
seitwärts, an denen die Hörner nur haarscharf vorbeistreifen.
Saut:
Das ist viel spektakulärer. Der Sauteur springt über die auf ihn zurennende
Kuh hinüber. Besonders elegant ist der „Engelssprung“, hierbei fliegt der
Sauteuer mit weit ausgebreiteten Armen horizontal über das Tier hinweg.
Besonders mutige unter ihnen binden sich die Füße zusammen und ziehen eine Art
Strumpf oder Pantoffel über die Füße.
In
touristischen Gebieten ist die Course mixte beliebt. Nachdem im ersten Teil die
Profis ihr Können unter Beweis gestellt haben geht es im zweiten Teil mit
Spielen weiter. Hieran können auch mutige Zuschauer teilnehmen. Eines ist mir
noch in Erinnerung geblieben. Hier wurde in die Mitte der Arena ein Wasserbecken
gefüllt und auf dem breiten Rand standen die Akteure. Die Kuh wurde herein
gelassen und was dann passierte kann man sich ja wohl vorstellen. Sieger war der
oder die Letzte auf dem Beckenrand.
Zurück zum Ort: Wir sind nie in Mimizan-Plage an den Strand gegangen, sondern sind immer etwas weiter südlich Richtung Contis-Plage gefahren. Ob es mir jemand glaubt? Die Straße ist kerzengerade, ab und zu mal eine Erhebung, aber das war auch schon alles. Der Weg zum Strand glich dann aber eher einem besseren Feldweg, aber was soll ‘s, der Strand entschädigt einen hier für alles. Hat man sich endlich über die riesige Düne bis runter zum Strand gekämpft, sieht man nur noch Meer und Sand und Sonne.
Es ist so gigantisch, dass einem bewusst wird, wie klein man eigentlich ist. Es gibt eine kleine bewachte Strandzone, an der sich die Menschen natürlich tummeln, aber geht man nur ein paar Meter weiter nach rechts oder links hat man das Gefühl den ganzen Atlantik für sich alleine zu haben.
Aber es ist Vorsicht geboten. Der Sog ist tückisch. Es gibt gefährliche Unterströmungen, die es einem Schwimmer unmöglich machen können zurück ans Ufer zu gelangen. Natürlich gibt es auch Hoch- und Niedrigwasser und wenn man bei Niedrigwasser am Strand einschläft oder zu weit am Wasser sitzt, kann es leicht passieren, dass man weggespült wird. Eine zeitlang konnte man hier einen verrosteten Tanker „bewundern“ der wohl bei einem Sturm gestrandet war. Es dauerte einige Jahre, bis man die Reste ganz abgetragen hatte. Ich nehme an, dass die Arbeiten durch die stürmische See immer wieder unterbrochen werden mussten.
Hier habe ich eine Postkarte davon gefunden:
Hier
noch einige interessante Orte in der Nähe:
Die
Düne von Pyla:
Mit
ihren Basismaßen von 2700 m x 500 m und ca. 114 m hoch ist sie schon recht
beeindruckend. Hat man einmal ihren Rücken erklommen kann man eine wunderbare
Aussicht auf das
Becken von Arcachon, nach Cap Ferret und die Pinienwälder werfen. Es ist
allerdings sehr mühsam, es gibt nur von der Landseite eine Treppe hinauf, will
man aber runter zum Meer, so hat man mit dem Wiederaufstieg bestimmt einige
Stunden zu kämpfen. Ach, vielleicht sollte ich noch erwähnen, dass die Düne
meinem Neffen gehört, er verlor dort nämlich mal sein Portemonnaie und war
dann der Meinung er hätte die Düne gekauft. ;-) In unserem Landes-Urlaub
entdeckten wir an der Zufahrtsstraße einen kleinen Imbiss. Wir kehrten ein und
aßen und tranken, wie in Frankreich üblich, ziemlich ausgiebig. Im nächsten
Jahr kamen wir wieder und der Besitzer erkannte uns sogleich wieder, so
wiederholte es sich Jahr um Jahr. Meine Mutter bekam sogar einen Gutschein für
eine Goffre (Waffel) gratuit. Hier in diesem kleinen gemütlichen Imbiss entstand auch mein Traum vom Cabrio, den ich mir ja dann später wirklich erfüllt
habe.
ist meiner Meinung nach ein absolutes Muss. Hier hat man die Möglichkeit einen Einblick in das frühere Leben zu gewinnen. Die Zeit wurde hier so ca. 150 Jahre zurück gedreht. Standen ganz zu Anfang nur vier bis fünf Häuser und Hütten, so hat es sich jetzt zu einem prächtigen Freilichtmuseum entwickelt. Das Museum ist mitten im Regionalpark gelegen und man kann einzig und alleine mit einer kleinen alten Dampflock, die von Sabres aus fährt, hierher gelangen. Hier stehen Häuser, die an anderer Stelle gestanden haben und wieder aufgebaut wurden.. Man kann sich auch einer Führung anschließen und alles genau in Erfahrung bringen. Das Areal umfasst heute ca. 100 ha, wie ich gelesen habe, damals war es noch viel weniger.
liegt am Zusammenfluss des Midou und der Douze, die gemeinschaftlich ihren Weg unter dem Namen Midouze fortsetzen. Mont-de-Marsan ist die Hauptstadt von Les Landes und hat architektonisch eigentlich nicht allzu viel zu bieten. Aber eine ganz tolle Fêtes de la Madeleine in der zweiten Julihälfte. Musik und Folklore in den Straßen, Courses Landaise und das eine ganze Woche lang.
Sicherlich hat sich im Laufe der Jahre einiges verändert, allein durch den Orkan Klaus wurden im Januar 2009 60–80% des Waldes zerstört, daher kann ich natürlich nicht garantieren, dass es dort noch so aussieht, wie ich es in Erinnerung habe...