Die Camargue, 

 

wie soll ich sie beschreiben? Als Kind oder besser als Teenie hatte ich mal einen Roman geschrieben, der in der Camargue spielt. Es war eine Liebeserklärung an dieses außergewöhnliche Fleckchen Erde. Leider ist er entweder mal meinem Wegwerfwahn zum Opfer gefallen oder so in irgendeinem Karton vergraben dass ich ihn nicht mehr finden kann. Das ist wirklich schade, denn er beschrieb alles, was ich für die Camargue empfunden habe. Nun gut, vielleicht ist es auch nicht so falsch noch mal neu darüber nachzudenken.
Ich glaube, es war 1974 als wir das erste Mal in die Camargue kamen. So ganz genau weiß ich einfach nicht wo ich anfangen soll, die Eindrücke, die gerade beim Durchblättern der Bilder wieder hoch kommen, sind einfach übermächtig und ich könnte jetzt stundenlang schwärmen...
Die Camargue liegt in Südfrankreich, genauer gesagt im Rhône-Delta zwischen der kleinen und großen Rhône. Daran schließt sich noch die kleine Camargue an, die bis nach "Aigues-Mortes" (Hauptstadt der kleinen Camargue) und "Le Grau du Roi" reicht. Der Kopf der Camargue ist "Arles", das Herz ist "Les Saintes Maries de la Mer".

 



Von wilden Liebreiz ist diese Landschaft, salzig die Luft, erfüllt vom Klang der Zikaden, voll Sonne und voller Abenteuer. Es ist das Land der Pferde, Stiere und Flamingos, der Sümpfe und Weiden und es ist das Land an das ich einst mein Herz verlor. Himmel und Meer werden eins, wenn man am endlosen Strand dahinreiten kann und den Wind spürt...
Frédéric Mistral glaubte einst in einer Sturmnacht gehört zu haben: "Als das Meer keuchte und sich verdunkelte, als die Boote ihre Taue zerrissen, wieherten die Hengste der Camargue vor Wonne..."
Als wir das erste Mal in die Camargue kamen, mussten wir uns natürlich erst einmal einen Campingplatz suchen. Wir fanden einen wunderschönen, ziemlich neuen Platz, ein wenig weg vom Meer, mitten in der schönen Landschaft. Er trug den verführerischen Namen „Camping du Soleil“ und machte auch seinem Namen alle Ehre, denn die Bäume waren gerade erst frisch gepflanzt und spendeten noch keinen ausreichenden Schatten. Von hier aus unternahmen wir zahlreiche Ausflüge. (Allerdings ging der erste Ausflug am Ankunftstag, wie ich es brauche, ans Meer. Ich fände es schrecklich anzukommen und das Meer zu riechen, es aber nicht gesehen zu haben. Egal wie spät es ist, ich muss immer erst einmal ans Meer, erst dann bin ich richtig angekommen.) Vom Strand aus konnte man die Umrisse einer sehr futuristisch anmutenden Stadt namens La Grande Motte erkennen. Diese Stadt ist genau das Gegenteil von dem, was ich unter Urlaub verstehe, aber ich sehe ein, dass es viele Leute gibt, die genau das brauchen und wollen. Meine Eltern und ich jedenfalls nicht, also haben wir uns diesen Ort nur mal angesehen und ad acta gelegt. Wir besichtigen Le Grau du Roi, eine wunderschön verträumte Hafenstadt mit Geschäften und natürlich einem Hafen über dem erhaben ein Leuchtturm thront. Hier findet jedes Jahr ein Fischerstechen statt. Es ist wirklich lustig, die gegnerischen Parteien fahren mit kleinen, bunt geschmückten Booten aufeinander zu und der „Kämpfer“ im Bug muss mit einer langen Stange versuchen den Gegner ins Wasser zu werfen. Ähnlich wie Ritter es zu Pferd machen. Hier gibt es auch eine Stierkampfarena, aber dazu an anderer Stelle mehr. Unsere Ausflüge begannen meist damit, dass wir ein Baguette kauften, Tomaten und Käse durften auch nicht fehlen, denn man will ja unterwegs ein Pique-Nique machen, übrigens in Frankreich sehr beliebt. Ich habe noch nie so viele ausgewiesene Plätze gesehen wie dort. Über Aigues-Mortes habe ich ja bereits geschrieben. Ein Ausflug hierher war immer wieder faszinierend, vom Tour de Constance hat man einen herrlichen Blick über die Landschaft und kann über die Stadtmauern um die ganze Stadt drumherum laufen. Das dauert ziemlich lange und man sollte auch feste Schuhe tragen. Ein anderes Ausflugsziel ist natürlich Les-Saintes-Maries-de-la-Mer. Hierher gelangt man über die Petit Rhône mit Hilfe einer kleinen Fähre oder natürlich über eine Brücke. Das alleine ist schon abenteuerlich aber es kommt noch besser, auf der Petit Rhône kann man mit einem Raddampfer, namens Tikki 3, fahren und sieht weit und breit nur Landschaft, Stiere, Pferde und Flamingos. Es ist einfach traumhaft. Kein Auto, kein Radio, einfach nichts stört diese Reise und man fühlt sich wie im Himmel. Als Pferdenärrin ließ ich es mir natürlich auch nicht nehmen am Strand entlang und durch die Landschaft zu reiten. Es gibt einfach unverschämt viel zu sehen, wenn man nur mit offenen Augen durch die Landschaft geht. Da wir immer drei Wochen unterwegs waren, war natürlich auch noch genug Zeit um faul am Strand zu liegen, abgesehen davon war es einfach manchmal viel zu heiß, um im Auto durch die Gegend zu fahren. In unserem ersten Camargue-Urlaub hatten wir auf dem Campingplatz eine französische Familie neben uns stehen und wie das so ist, man kommt ins Gespräch. Das fand ich klasse, denn der Sohn war in meinem Alter und hat wohl einen bleibenden Eindruck hinterlassen, denn ich kenne seinen Namen noch. Er hieß Frédéric. Von dieser Familie erfuhren wir, dass am nächsten Tag in der Arena von Le Grau du Roi ein „Course à la cocarde“ stattfinden sollte. Nachdem der freundliche Nachbar uns erklärt hatte um was es dabei ging, beschlossen wir am nächsten Abend alle zusammen dorthin zu fahren. Was ist ein „Course à la cocarde“? Wenn man einmal dabei ist fiebert man mit und jubelt dem Stier zu.